Die kommunale Energiewende durch Kommunikation erfolgreich gestalten

Wie sollte Kommunikation aussehen, die eine Beteiligung an der Energiewende bürgernah und individuell ermöglicht? Dieser Frage will das Forschungsteam um Prof. Brandstetter und Prof. Palm von der Hochschule München auf den Grund gehen.

Der Anteil erneuerbarer Primärenergieträger lag 2020 in Deutschland bei rund 20%. Der Großteil des Weges hin zu einer dezentralen, sektor-entkoppelten und vor allem nachhaltigen Art unserer Energieversorgung ist also noch zu gehen. Im Rahmen dieser Entwicklung kommt Kommunen eine wesentliche und vor allem neue Funktion als Energieversorger zu. Denn „nur wenn Kommunen diese Aufgabe annehmen und im Rahmen von Bürgerprojekten leben, wird die Energiewende gelingen“, so das Forschungsteam. 

Seit April 2022 arbeitet das Forschungsteam um Frau Prof. Brandstetter und Prof. Palm im Projektvorhaben „Kommunale Energiewende unterstützende Umweltkommunikation“ – kurz KEuKo – daran herauszufinden, wie Kommunikation aussehen sollte, die eine Partizipation an der Energiewende bürgernah und individuell ermöglicht. Gefördert durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) – hat sich das interdisziplinäre Team mit der Kommunalverwaltung von Höhenkirchen-Siegertsbrunn, einer 10.000 Einwohner Gemeinde im Landkreis München, zu diesem Pilotprojekt zusammengeschlossen.

Prof. Dr. Nicole Brandstetter, Hannah Pfeffer, Natallia Raith, Prof. Dr. Herbert Palm (v. l. n. r.)

Gemeinsam mit der Gemeinde wird das Forschungsteam Rollenmodelle, Prozesselemente und Tools der Umweltkommunikation erstellen: Im Rahmen des Projektes soll ein Prozess definiert werden, der Kommunen und die dort lebenden Bürger:innen mit Hilfe geeigneter Werkzeuge dazu befähigt, aktiv die kommunale Energiewende zu gestalten. Ziel ist es, die Bürger:innen adressatengerecht zu den Themen rund um die Energiewende zu informieren, um so ein Forum zum Mitgestalten zu schaffen. Die Kommunikation zwischen allen Beteiligten steht im Zentrum des Projekts, denn viele Studien zeigen: Gute Kommunikation ist ein Schlüsselelement für gelingende Projektvorhaben. Von den gewonnenen Erkenntnissen sollen später auch andere Kommunen profitieren.

Das Projekt verfügt sogar über eine eigene Website.

Prof. Nicole Brandstetter

  • Dekanin
  • Koordination Sprachenangebot der Fakultät für Elektro- und Informationstechnik (FK 04)
  • Professionelle Berichterstatterin (seit 2007)

Prof. Dr. Herbert Palm

Studierende der Fakultät für Maschinenbau, Fahrzeugtechnik, Flugzeugtechnik der Hochschule München entwickelten gemeinsam mit den Industriepartnern Ymer Technology und Molabo einen Elektroantrieb für einen fast 100 Jahre alten Bugatti-Rennwagen – und beweisen damit erfolgreich: Jedes Fahrzeug lässt sich nachhaltig umrüsten.

Der Bugatti Type 35 zählt zu den Ikonen der Rennwagen-Geschichte. Baujahr 1924 war er damals einzigartig in seiner Technik, seinem Design und seiner Leistung. Heute, fast 100 Jahre später, steht der Sportwagen erneut Pate für eine Innovation: als erster elektrifizierter Brennstoffzellen-Bugatti.

Geboren wurde die Idee dazu vor ziemlich genau einem Jahr, im Biergarten. Mit dabei war Michael Byström, bekennender Bugatti-Fan sowie Gründer von Ymer Technology. Eigentlich stellt sein Unternehmen Thermomanagementsysteme für große Elektrofahrzeuge her. Doch warum sollte das, was für einen elektrifizierten Bagger funktioniert, nicht auch für einen Rennwagen aus den 1920er-Jahren passen?

Elektroantrieb und Brennstoffzelle

Für die Umsetzung des Projekts holte sich Ymer Technology zwei Partner mit ins Team: den Elektromotorenhersteller Molabo und die Hochschule München. Ersterer stellte einen Elektromotor für den Bugatti bereit, zweitere brachte ihr anwendungsorientiertes Know-how in puncto Brennstoffzellen- und Elektroantriebe ein.

„Dennis Kistner und Kevin Pranajaya betreuten als Studenten unserer Fakultät für Maschinenbau, Fahrzeugtechnik, Flugzeugtechnik die Entwicklung und Umsetzung des Projekts als Bachelorarbeit“, so ihr Professor Dr. Andreas Rau. Daneben haben sechs weitere HM-Studierende am Projekt mitgewirkt. Herzstück des Elektroantriebs ist ein 48-Volt-Elektromotor, der aufgrund seiner vergleichsweise niedrigen Spannung sehr einfach und ohne Berührschutz verbaut werden kann.

Kevin Pranajaya arbeitet am Innenleben des Bugattis

Kleiner Motor mit viel PS

„Der Bugatti schafft damit dennoch 110 PS, genau wie mit dem deutlich schwereren und dreimal so großen Verbrennungsmotor zuvor“, erläutert Tobias Hentrich, Chefentwickler bei Ymer Technology. Um die Reichweite des Rennwagens zu erhöhen, hat das HM-Team ergänzend eine Brennstoffzelle verbaut, die mittels Sauerstoff und Wasserstoff funktioniert. Bereitgestellt wurde diese über eine Kooperation der HM mit der Universität der Bundeswehr München. „Der umweltfreundliche Elektroantrieb wird also nochmals um eine saubere Verbrennung mit Wasser ergänzt“, erklärt Rau. Die Technik für das Heizen und Kühlen von Motor, Batterie, Brennstoffzelle und sämtlicher damit verbundener Elektronik liegt bei Ymer Technology.

Bis der Bugatti final auf die Straße kann, fehlen noch ein paar Projektschritte. Aktuell konnte Ymer Technology die Weltneuheit auf der Weltleitmesse für Baumaschinen, der bauma 2022, in München präsentieren. Gemeinsam mit der Hochschule München hat das Unternehmen damit gezeigt: Elektromobilität passt tatsächlich in jeden Rahmen!

Das Bugatti Projekt wird von HYLAB unterstützt. HYLAB ist eine Kooperation der HM mit der Universiät der Bundeswehr. Federführend für die Universität der Bundeswehr ist Prof. Christian Trapp, der hier die Brenstoffzellentechnik zur Verfügung gestellt hat. Kooperationspartner seitens der HM ist Prof. Andreas Rau, der die 2 Abschlussarbeiten sowie eine Projektgruppe mit 6 Studenten zum Bugatti Projekt betreut.

Prof. Trapp und Prof. Rau unterrichten auch im neuen weiterbildenden Master 4D- Moderne Energiesysteme und Mobilität der HM, bei dem es gerade auch um die Themen Wasserstoff, Brennstoffzellen und E-Mobilität geht.

Prof. Dr. Andreas Rau

  • Professor für zukunftsfähige Fahrzeugantriebe und Verbrennungsmotoren mit Schwerpunkt Wasserstoff und biogene Kraftstoffe 
  • Studiengangsleiter 4D-Master (Dekarbonisierung, Digitalisierung, Dezentralisierung, Demographie) 
  • Projektleiter HyLab; ganzheitlicher Erforschung von Wasserstoffproduktion, -speicherung und -anwendung in Kooperation mit der Universität der Bundeswehr 
  • Fachlich verantwortlicher Ansprechpartner der Hochschule München im Wasserstoffbündnis Bayern
Mit der SFRA-Methode von Carpe Diem ist die Fehlersuche einfach und schnell: Hier eine sehr große Maschine zum Antrieb eines Schwungradspeichers im Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (Foto: Max-Planck-Institut für Plasmaphysik)

Kraftwerke nutzen für die Stromerzeugung rotierende Maschinen zur Umwandlung mechanischer in elektrische Energie. Um lange Ausfallzeiten durch Störungen zu verhindern, erprobt ein HM-Forschungsteam eine einfach anwendbare Methode zur Fehlererkennung. Wird eine definierte Spannung an die Maschine angelegt, kann ihr Frequenzprofil angeben, welcher Fehler vorliegt.

München, 29. November 2022 – Rotierende Maschinen kommen unter anderem bei der Stromerzeugung in Wind- oder Wasserkraftwerken zur Umwandlung mechanischer in elektrische Energie zum Einsatz. Um plötzliche Ausfälle zu verhindern, erprobt ein HM-Forschungsteam im Projekt Carpe Diem (Capability Analysis for Reliable and reProduciblE DIagnosis on Electrical Machines) eine Methode, die sehr verschiedene Arten von Funktionsfehlern erkennt. Das Team um Prof. Dr. Stephanie Uhrig und Lukas Ranzinger von der Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik der HM arbeitet dafür mit der so genannten Sweep- Frequenzantwortanalyse (SFRA), die bereits erfolgreich zur Fehlerdiagnose bei Transformatoren angewandt wird.

Sweep-Frequenzantwortanalyse (SFRA): Der Fingerabdruck rotierender Maschinen

Anstatt die oft riesigen Generatoren zur Stromgewinnung für ihre Wartung oder beim Verdacht einer Fehlfunktion für längere Zeit stillzustellen, benötigt die Fehlerüberprüfung mit der SFRA-Methode nur eine kurze Unterbrechung: zwei Anschlüsse im Klemmkasten der Maschine können direkt zum Anlegen der Messklemmen genutzt werden. Mit einer Spannung von 10 V messen die Wissenschaftler:innen die Dämpfung sowie Phasenverschiebung bei verschiedenen Frequenzen, welche die Spannung beim Lauf durch die Maschine erfährt.

In einem Frequenzbereich von 20 Hz bis zu 2 MHz zeigt sich ein je nach Maschine oder Maschinentyp charakteristisches Profil als Frequenzantwort. Dieser Fingerabdruck ist einzigartig, bei Geräten einer Baureihe zumindest ähnlich. Wird das Frequenzprofil der Maschine erneut gemessen, können im Vergleich mit dem hinterlegten Fingerabdruck Fehler in der elektrischen, magnetischen und mechanischen Funktion erkannt werden, wie beispielsweise ein Kurzschluss oder ein Unterbruch.

Vorteile der SFRA-Methode

Die Vorteile der Methode sind überzeugend: Die Prüfutensilien passen in einen mobilen Diagnosekoffer, sie ist nichtinvasiv und vergleichsweise schnell einzusetzen. Das reduziert die Ausfallzeiten der Kraftwerke und trägt zu einer zuverlässigen und konstanten Stromproduktion bei geringeren Betriebskosten bei. Zudem kann die SFRA-Methode mehr Fehlertypen erkennen als bisherige Diagnosemethoden. Eine Besonderheit muss von den Forschenden hierbei beachtet werden, der Einfluss des

Rotorwinkels auf die Frequenzantwort und die zugehörige Fehlererkennung.

SFRA-Messungen und Rotorwinkel

„Ein wesentlicher Unterschied zur Anwendung an Transformatoren ist der Einfluss des Rotordrehwinkels. Denn abhängig von der relativen Position von Rotor zu Stator verändert sich das Frequenzprofil“, sagt Lukas Ranzinger, wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand in Carpe Diem. Wenn sich der Rotor dreht ändert sich damit – je nach Position – die Frequenzantwort. Um die Wirkung des Drehwinkels auf das Profil zu eruieren, untersuchte das Team erstmals Maschinen unterschiedlichster Leistungsklassen, von kleinen Labormaschinen bis zu riesigen Kraftwerksgeneratoren wie im Bild die 260 MVA Maschine zum Antrieb eines Schwungradspeichers, mit deren Messung das Max-Planck-Institut für Plasmaphysik in Garching das Forschungsprojekt unterstützte.

Ihre Ergebnisse: „Je nach Rotorposition besteht eine bessere oder schlechtere Kopplung zwischen Rotor und Stator“, sagt Uhrig. Daraus resultiert, dass die Rotorposition für einen statischen Vergleich der Frequenzprofile immer gleich sein muss. Bei weiteren Analysen des Verlaufs ermöglichen die Abhängigkeiten allerdings auch neue Interpretationsansätze. Selbst bei der ersten Anwendung der Methode ist eine Aussage zum Zustand der Maschine möglich.

Modell und Simulation: Fehlerdiagnose ohne Referenzmessung

Ihre Ergebnisse setzte das Carpe Diem Team in ein elektrisches Modell und Simulationen um, in das alle verfügbaren Informationen einflossen. Sie konnten hierbei die Änderungen in der Frequenzantwort bei unterschiedlichen Maschinentypen und Leistungsklassen zeigen. Die Grafiken stellen den Vergleich von Modell- mit Messergebnissen dar, welche beide die entsprechenden Frequenzverläufe zeigen. Modell und Simulationen machen es demnach möglich die realen Frequenzantworten besser zu verstehen. Abweichungen bei Messungen können theoretisch begründet werden und ermöglichen zudem Aussagen über die Fehlerart und den Fehlerort. Das heißt auch, dass Abweichungen in der Frequenzantwort bedingt durch Fehler oder durch die Rotorposition voneinander unterschieden werden können.

Carpe Diem

Das Projekt Capability Analysis for Reliable and reProduciblE DIagnosis on Electrical Machines (Carpe Diem) leitet seit April 2020 Prof. Dr. Stephanie Uhrig von der Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik der HM. Lukas Ranzinger ist wissenschaftlicher Mitarbeiter. Projektpartner sind Fabian Öttl von OMICRON Electronics GmbH und Reinhard Hinterholzer von der Voestalpine Stahl GmbH. Das Projekt läuft noch bis April 2024.

Prof. Dr. Stephanie Uhrig

Lehrveranstaltungen

  • Physik (Bachelor)
  • Betriebsmittel und Diagnostik in der Energietechnik (Bachelor)
  • Netzbetrieb Smart Grid (Master EL)
  • Netzstörungen und Versorgungssicherheit (Master EL)

Publikationen

S. Uhrig, F. Öttl, R. Hinterholzer and N. Augeneder, "Reliable Diagnostics on Rotating Machines using FRA," 2020 International Conference on Diagnostics in Electrical Engineering (Diagnostika), 2020, pp. 1-6, doi: 10.1109/Diagnostika49114.2020.9214647

L. Ranzinger, S. Uhrig, R. Hinterholzer and F. Öttl, "Failure diagnosis in rotating machines using fra involving the rotation angle of the rotor," 22nd International Symposium on High Voltage Engineering (ISH 2021), 2021, pp. 486-491, doi: 10.1049/icp.2022.0049

L. Ranzinger, I. Stephanie Uhrig and F. Öttl, "Basic behaviour of FRA measurements on rotating machines," 22nd International Symposium on High Voltage Engineering (ISH 2021), 2021, pp. 24-29, doi: 10.1049/icp.2022.0004.

L. Ranzinger, S. Uhrig, S. Tenbohlen, and F. Öttl, “Einfluss des Rotordrehwinkels auf die Frequenzantwort von Synchronmaschinen,” VDE Hochspannungstechnik 2022, 08 Nov., 2022.

L. Ranzinger, S. Uhrig, S. Tenbohlen, and D. Gopp, “ Modellierung der Frequenzantwort (SFRA) von rotierenden Maschinen,” VDE Hochspannungstechnik 2022, 08 Nov., 2022.

Das Elektroauto genau dann laden, wenn im lokalen Stromnetz ausreichend Energie produziert wird: das ist mit dem FLAIR²-Modul automatisiert möglich, wie Sonja Baumgartner vom Netzbetreiber LEW Verteilnetz zeigt (Foto: LEW/Thorsten Franzisi)

In Zeiten der Energiekrise ist intelligente Stromnutzung besonders wichtig. Ideal, wenn dies keine aktive Einsparung der Nutzer:innen erfordert, sondern lediglich auf Algorithmen basiert. Eine Forschungsgruppe um HM-Professorin Stephanie Uhrig zeigt, wie sich flexible Lasten – beispielsweise Wärmepumpen und Ladepunkte für die Elektromobilität – intelligent regeln lassen. Beauftragt haben das Vorhaben die Stromnetzbetreiber LEW Verteilnetz und Stromnetz Berlin sowie der Mobilfunknetzbetreiber e*Message.

München, 5. Dezember 2022 – Warum nutzen wir Energie nicht genau dann, wenn sie erzeugt wird? Diese Frage stellte sich Prof. Dr. Stephanie Uhrig am Institut für Nachhaltige Energiesysteme (ISES). Gemeinsam mit der HM-Projektmitarbeiterin Veronika Barta und Sonja Baumgartner vom Netzbetreiber LEW Verteilnetz entwickelt und forscht sie nun am Projekt FLAIR²: FLexible Anlagen Intelligent Regeln.

„Die zunehmende regenerative Energieversorgung, etwa durch Photovoltaik auf dem eigenen Hausdach, sorgt für stark variierende Einspeisung“, erläutert Uhrig die Ausgangssituation der Forschung. Direkt genutzt wird der erzeugte Strom aber nicht unbedingt in den Zeiten der Erzeugungsspitzen. Das Ausregeln von Einspeisung und Verbrauch ist für Netzbetreiber sehr aufwendig. Bisher wird ein Zuviel an Energie etwa über Pumpenspeicherkraftwerke gespeichert, was jedoch nicht ohne Energieverlust möglich ist.

Stromnetze besser nutzen

Demgegenüber stehen sogenannte flexible Lasten – dazu zählen Wärmepumpen, Speicherheizungen, Ladepunkte für Elektromobilität und neuerdings auch Klimaanlagen –, deren Strombedarf variabel innerhalb bestimmter Zeitfenster gedeckt werden kann. „Genau hier greift das Forschungsprojekts FLAIR²“, so Uhrig: „Damit können wir vor Ort auf die Herausforderungen von dezentralen Erzeugungsanlagen mit steuerbaren Verbrauchseinrichtungen wie Wärmepumpen und Wallboxen für E-Mobilität reagieren.“ 

Können Erzeugung und Verbrauch lokal überlagert werden, wird das bestehende Stromnetz besser genutzt. „Das ist für uns als Verteilnetzbetreiber ein wichtiger Aspekt bei der Transformation hin zu einem Energiesystem mit vielen dezentralen Stromerzeugern in der Fläche“, ergänzt Baumgartner, die das Projekt bei LEW Verteilnetz koordiniert.

Feldversuch in Stadt und Land

Herzstück des Konzepts sind Steuerboxen inklusive des intelligenten FLAIR²-Moduls. Im Rahmen eines Feldversuchs, der im Dezember 2021 startete, wurden damit mehr als 70 Haushalte ausgestattet – verteilt auf das ländliche Gebiet von LEW Verteilnetz im Südwesten Bayerns sowie auf das städtisch geprägte Berliner Stromnetz. Um valide Messergebnisse für die Forschung zu erzielen, werden minütlich Spannungs- und Strommesswerte aus den Steuerboxen pseudonymisiert an die Hochschule München gesendet.

Photovoltaik-Anlagen erzeugen typischerweise in den Mittagsstunden einen Energieüberschuss. Das FLAIR²-Modul schaltet flexible Anlagen wie Wärmepumpen bevorzugt zu diesen Zeiten frei (Foto: LEW/Jonas Zieger)

Die Analyse der im Feldversuch bereits generierten Messdaten zeigt, dass sich die Netzsituation – das Verhältnis von Last zu Erzeugung – nicht nur zwischen Stadt und Land, sondern auch innerhalb eines Straßenzugs deutlich unterscheiden kann. „Darauf können wir mit dem FLAIR²-Modul situationsgerecht netzdienlich Einfluss nehmen und dabei vertraglich vereinbarte Freigabezeiten der Netzbetreiber sowie Mindestladezeiten der flexiblen Anlagen berücksichtigen“, erläutert Uhrig. Aus der Menge von Lastprofilen, die der Feldversuch liefert, lassen sich wesentliche Szenarien ableiten, in denen die FLAIR²-Steuerung bestehende Netzkapazitäten optimal auslastet.

Eigenverbrauch optimieren

Durch die lokale Messung am Haushalt werden individuelle Fahrpläne für die Verbrauchseinrichtungen des jeweiligen Haushalts von einem Algorithmus errechnet. „Das hat unterm Strich nicht nur Vorteile für den Netzbetreiber, sondern auch für die Verbraucher selbst“, betont Uhrig. Diese profitieren von den reduzierten Netzentgelten für regelbare Lasten und können mithilfe eines Home Energy Management Systems selbst entscheiden, welche Verbrauchseinrichtung gerade Priorität haben soll.

Das Forschungsprojekt FLAIR², dessen Laufzeit noch bis November 2023 angesetzt ist, realisiert damit drei Ziele: es vermeidet Energieengpässe, es mildert Leistungsspitzen ab und es macht das System insgesamt unempfindlicher. Vor allem in Zeiten der Energiekrise wird es damit zum wichtigen Baustein eines dezentral und regenerativ aufgestellten Energiesystems.

Prof. Dr. Stephanie Uhrig

Lehrveranstaltungen

  • Physik (Bachelor)
  • Betriebsmittel und Diagnostik in der Energietechnik (Bachelor)
  • Netzbetrieb Smart Grid (Master EL)
  • Netzstörungen und Versorgungssicherheit (Master EL)
Hocheffiziente Trinkwassererwärmung in einer Wohnanlage der GEWOFAG in München Riem, Londonstraße (Foto: GEWOFAG)

Mit einer modernen Anlagentechnik im Bereich der Gebäudeheizung und Warmwasserversorgung Energie sparen: In Zusammenarbeit mit der Münchner Wohnungsbaugesellschaft GEWOFAG und der Postbaugenossenschaft München und Oberbayern erforscht die Hochschule München, wie sich eine optimale Energieeffizienz in Neubauten und in Bestandsanlagen realisieren lässt.

Im Projekt HochEff-TWE - "Entwicklung und Optimierung hocheffizienter Trinkwassererwärmungssysteme für Wohn- und Hotelgebäude" - haben das Team um Prof. Dr. Franz Josef Ziegler, Dr. Jürgen Zeisberger und Johannes Elfner vom Bereich Versorgungs- und Gebäudetechnik, eine neu entwickelte Trinkwassererwärmungsanlage in insgesamt fünf Pilotanlagen in München installiert.

Vorteile des neuen Systems

In den vorangegangenen Untersuchungen des Trinkwassererwärmungssystems (TWE) der Hochschule München am Laborprüfstand und bei der anschließenden Auswertung einer Pilotanlage zeigen sich eine ganze Reihe von Vorteilen. Die Rücklauftemperaturabsenkung und verbesserte Spitzenlastglättung ermöglichen einen wirtschaftlicheren Betrieb vor allem bei der geothermalen Wärmeerzeugung. Durch die effiziente Anlagentechnik reduzieren sich wegen der besseren Lastglättung die Anschlussgebühren für Fernwärme auf einen Bruchteil und Brennwertkessel in Gebäuden können kleiner dimensioniert werden.

Forschung und Erprobung an verschiedenen Orten in München

Das an der Hochschule München entwickelte Anlagenkonzept kommt bereits in mehreren GEWOFAG-Liegenschaften zum Einsatz. Die Forscher analysieren bei allen Anlagen intensiv das Betriebsverhalten. In der Wohnanlage in Trudering wurde die bestehende Solaranlage ertüchtigt und in das neue Anlagenkonzept mit effizienter Brennwerttechnik integriert. Im Vergleich zum Durchschnittsverbrauch der letzten Jahre sank der Gasverbrauch hier um rund 15 Prozent, was eine jährliche CO2-Einsparung von ca. 24 Tonnen bedeutet. Verbesserungen in diesem Maßstab konnten bei allen Pilotprojekten erzielt werden. Die im Gebäudebestand gemessenen Nutzungsgrade sind in der Regel 8 bis 25 Prozent niedriger als die Werte, die entsprechend Herstellerangaben im Energieeinsparverordnung-Nachweis angesetzt werden. Dieser große Unterschied zwischen berechnetem Bedarf und tatsächlichem Verbrauch ist in Anbetracht der Klimaschutzziele der Bundesregierung nicht mehr akzeptabel und lässt sich durch das neue Anlagenkonzept vermeiden. Der niedrigere Brennstoffverbrauch kommt sowohl den Mietern als auch der Umwelt zugute. 

Im Zuge einer anstehendenden Sanierung einer Wohnanlage der Baugenossenschaft des Post- und Telegrafenpersonals aus dem Jahr 1982 im Schwabinger Norden wurde in Kooperation mit der Isarwatt eG ein erstes Mieterstromprojekt realisiert, mit dezentral erzeugtem Strom, der direkt vor Ort durch die Mieter verbraucht wird. Um einen wirtschaftlichen Betrieb der BHKW-Anlage, einem Blockheizkraftwerk, zu gewährleisten, wurde das innovative TWE der Hochschule München mit hohem Lastverschiebungspotential und hohen BHKW-Laufzeiten ausgewählt.

Neuer GEWOFAG-Standard

Professor Ziegler sieht die Arbeit des Teams bestätigt: "Wenn unsere Partnerin GEWOFAG unsere Anlagen in ihrem letzten Energiebericht zum "neuen GEWOFAG-Standard" erhebt, dann wissen wir, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Gestiegene gesetzliche Anforderungen und das Bestreben nach einer Reduktion der Betriebskosten werden diesen Anlagen den Weg zu einer breiten Akzeptanz ebnen."

Das Projekt wurde von der Fakultät für Versorgungs- und Gebäudetechnik, Verfahrenstechnik Papier und Verpackung, Druck- und Medientechnik an der Hochschule München durchgeführt und im Rahmen des Programms "Forschung an Fachhochschulen" vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gefördert (FKZ 03ET1283A). Unterstützt wurde das Projekt auch vom Projektträger Jülich, der Wohnungsbaugesellschaft GEWOFAG und der Baugenossenschaft des Post- und Telegrafenpersonals in München und Oberbayern und den kooperierenden Unternehmen Ingenieurbüro für Haustechnik Franz Steiner, EURA-Ingenieure, enerquinn und AUMA-Fernwärmetechnik. Für das in den Pilotanlagen eingesetzte Anlagenkonzept wurde der Hochschule München im Jahr 2015 ein Europäisches Patent erteilt.

Prof. Dr. Franz Josef Ziegler

  • Beiratsmitglied des Fördervereins Masterstudiengang Gebäudetechnik
  • Gründungsmitglied des Forschungsinstituts für energieeffiziente Gebäude und Quartiere

Mit einem Münchner Startup entwickeln HM-Professor Christoph Hackl und sein Team intelligente Algorithmen, die dafür sorgen, dass sich der Strom aus Wellenkraftwerken effizient und zuverlässig ins Stromnetz einspeisen lässt.

München. 18. Oktober 2022 - Früher passionierter Windsurfer, forscht HM-Professor Christoph Hackl heute an der Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik zur Stromerzeugung aus Wellenkraft. Mit dem Münchner Start up SINN Power GmbH entwickeln Hackl und der wissenschaftliche Mitarbeiter Simon Krüner Steuerungssysteme für die Leistungselektronik für eine nachhaltige Stromgewinnung.

Stromproduktion auf dem Meer

Im Prinzip ist die Stromgewinnung auf See einfach: Das geplante Wellen-Kraftwerk besteht aus mehreren Reihen senkrechter Stangen, die miteinander verbunden und am Meeresgrund verankert sind. An jeder Stange befindet sich ein Schwimmköper, der von den Wellen auf- und ab bewegt wird. Dadurch werden Rollen angetrieben, die zwischen Schwimmkörper und Stange befestigt sind. Jede Rolle ist mit einem Generator verbunden, der die Bewegung in elektrische Energie verwandelt. Beim Auf und Ab der Rollen ändert sich die Drehrichtung. Deshalb produzieren die Generatoren Drehstrom, dessen Frequenz sich, abhängig von der Länge der Meereswellen, ständig verändert.

Ins Netz lässt sich dieser Strom nicht ohne weiteres einspeisen – dafür benötigt man Drehstrom mit einer konstanten Frequenz von 50 Hertz, das entspricht 50 Schwingungen pro Sekunde. Der im Wellenkraftwerk erzeugte Strom muss daher erst einmal umgewandelt werden. „Rein technisch ist das kein Problem: Man benötigt einen Umrichter, der aus dem primären Drehstrom Gleichstrom macht, sowie einen zweiten Umrichter, der zusammen mit einem Netzfilter 50 Hertz-Drehstrom erzeugt.

Die bisher nur sehr wenig genutzte Wellenenergie ermöglicht eine dezentrale Stromversorgung (Foto: SINN Power GmbH)

Herausforderung Effizienz und Zuverlässigkeit

„Die Herausforderung liegt darin, bei dieser Umwandlung eine möglichst hohe Effizienz und Zuverlässigkeit in allen Betriebsbereichen zu erreichen“, erklärt Hackl. Für den Prototypen der neuen Wellenkraftanlage hat er solche Algorithmen entwickelt, die unter anderem den Wirkungsgrad erheblich verbessern. Die Ergebnisse wurden unlängst unter dem Titel „Experimental Identification of the Optimal Current Vectors for a Permanent-Magnet Synchronous Machine in Wave Energy Converters“ veröffentlicht.

Hackls Algorithmen setzen da an, wo normalerweise Energie verloren geht: bei den verschiedenen Umwandlungsschritten – erst von Drehstrom in Gleichstrom und dann von Gleichstrom in netzkompatiblen Drehstrom. Jede dieser Umwandlungen verringert die Energieausbeute. Hackls Software minimiert die Verluste: „Unsere Algorithmen können das Zusammenspiel der verschiedenen Komponenten nicht nur optimal steuern, sondern steigern auch ihre Zuverlässigkeit.“ Wenn beispielsweise in einem Umrichter ein Schalter ausfalle, dann sorge die intelligente Software dafür, dass sich das System nicht abschalte, sondern sich an die veränderten Umstände anpasse und weiterarbeite – wenn auch mit etwas verringerter Leistung. Gleichzeitig werde eine Störungsmeldung an den Betreiber geschickt. „Insgesamt lässt sich so die Effizienz des Gesamtsystems erheblich verbessern“, resümiert Hackl.

Der Härtetest auf der Insel

Den Härtetest am Meer hat die Leistungselektronik mit Bravour bestanden: Für den Prototypen-Test wurden Umrichter, Netzfilter und Steuerungscomputer in eine wasserdichte, schuhschachtelgroße Box gepackt und nach Heraklion geflogen. Dort trotzt die Technik seit mehr als einem Jahr salziger Luft, Stürmen und spritzender Gischt und verwandelt den Strom des wellengetriebenen Generators zuverlässig in Netzstrom. Die Energieausbeute: 93 Prozent

Technik für nachhaltige Energieerzeugung

Von den effizienten und fehlertoleranten Algorithmen sollen in Zukunft nicht nur die Hersteller von Wellenkraftanlagen profitieren, sondern auch die Betreiber von Wind-, Solar- oder Geothermieanlagen, sagt Hackl: „Die Leistungssoftware eignet sich für die Optimierung des Outputs aller regenerativen Kraftwerke - egal ob Erdwärme, Sonne, Wind oder Wasser. Man braucht am Ende immer Wandler, um Netzstrom daraus zu machen.“ Gesteigerte Effizienz und Zuverlässigkeit trägt zur Unabhängigkeit von fossilen Rohstoffen bei. „Tatsächlich sehe ich in den Algorithmen meinen persönlichen, bescheidenen, aber ganz konkreten Beitrag zur Energiewende. Ich habe selbst Kinder und ich möchte ihnen eine Welt hinterlassen, die lebenswert ist. Das ist meine Motivation.“

Steuerungssysteme für Wellenkraftwerke, die durch Algorithmen mehr Effizienz und Zuverlässigkeit als bisher ermöglichen (Foto: Johannes Lesser)

Prof. Christoph Hackl

HM-Professor Christoph Hackl entwickelt mit seinem Team intelligente Steuerungssysteme für die regenerative Energieproduktion (Foto: Johanna Weber)

Christoph Hackl promovierte 2012 interdisziplinär an der Technischen Universität München in Mechatronik und Systemtheorie. 2018 wurde er zum Professor für “Elektrische Maschinen und Antriebe” an die HM berufen. Mit fünf Kollegen gründete er in 2019 das HM-Forschungsinstitut "Nachhaltige Energiesysteme”. In 2022 gewann er den HM-Oskar für angewandte Forschung. Seine Forschungsschwerpunkte umfassen mechatronische und regenerative Energiesysteme. Er hat mehr als 150 Konferenz-/Journal-/Buchbeiträge veröffentlicht.

Veröffentlichungen

C.M Hackl, J. Kullick and N. Monzen, "Optimale Betriebsführung von nichtlinearen Synchronmaschinen", in Elektrische Antriebe - Regelung von Antriebssystemen (5. Auflage), Springer-Verlag, 2020.

C.M. Hackl, U. Pecha, K. Schechner, “Modeling and control of permanent-magnet synchronous generators under open-switch converter faults”, IEEE Transactions on Power Electronics, 2018 (doi: 10.1109/TPEL.2018.2855423).

Kann der Wasserstoffantrieb einen wichtigen Beitrag zur klimaneutralen Mobilität leisten? Prof. Dr. Horoschenkoff von der Fakultät für Maschinenbau, Fahrzeugtechnik, Flugzeugtechnik der Hochschule München und sein Team sind davon überzeugt. Sie forschen mit Hochdruck an neuartigen Tankkonzepten um Fahrzeuge mit Brennstoffzelle wirtschaftlicher zu machen.

München, 13. April 2021 – In Zukunft werden zwei elektrische Antriebskonzepte den Fahrzeugbau dominieren: das E-Fahrzeug mit Batterie und das E-Fahrzeug mit Brennstoffzelle betrieben mit Wasserstoff. Wasserstoff gilt als aussichtsreicher Energieträger für eine klimaneutrale Mobilität in der Zukunft. Als Treibstoff für Brennstoffzellenfahrzeuge liefert er die elektrische Energie für den Antrieb und wird CO2-neutral zu Wasser umgewandelt. Damit die Brennstoffzellenfahrzeuge gegenüber den heutigen batteriebetriebenen Elektrofahrzeugen wettbewerbsfähig werden, müssen unter anderem die Herstellkosten sinken. Die Forschenden der Hochschule München wollen den Wasserstofftank gemeinsam mit BMW im Sinne von Baureihensynergien dort unterbringen, wo im E-Mobil die Batterie vorgesehen ist: Im Unterboden des Fahrzeugs. Hierfür gut geeignet ist eine Quaderform. Die Konstruktion muss dabei einem Betriebsdruck von 700 bar standhalten. 

Herausforderung Wasserstofftank

Die Speicherung des Wasserstoffs für die Brennstoffzelle in Drucktanks ist technisch sehr anspruchsvoll. Derzeit verursacht die Integration von Drucktanks aufgrund ihrer zylindrischen, sperrigen Form hohe Einbußen des Kundennutzens und der Fahrdynamik. Hier setzt das Forschungsprojekt BRYSON an, das vom Bundeswirtschaftsministerium gefördert wird, und als Zielsetzung die Entwicklung von neuartigen Drucktanks für Wasserstoff im Automobilbau verfolgt. Die Hochschule München ist über ihr Competence Centre Smart Composites der Fakultät Maschinenbau, Fahrzeugtechnik und Flugzeugbau eingebunden. Die Bauweise sieht eine näherungsweise quaderförmige Tankgeometrie vor, bei der eine unerwünschte Aufweitung des Tanks durch eingearbeitete Zugstreben, die das Tankinnere durchziehen, verhindert wird. Wesentliche Herausforderungen des neuen Konzepts sind die Auslegung des Tanks, die Sicherstellung der Dichtigkeit und die Entwicklung eines geeigneten Fertigungsprozesses. Das Themengebiet Wasserstoffspeicherung in kohlenstofffaserverstärkten Tanks ist für das Team um Prof. Dr. Alexander Horoschenkoff nicht neu. Bereits in der Vergangenheit wurden Forschungsarbeiten zur Erhöhung der Betriebssicherheit von Drucktanks mit speziellen Kohlenstofffaser-Sensoren erfolgreich durchgeführt. 

Einbringen der Zugstreben in ein Baumuster des rechteckigen Drucktanks mit Hilfe des textilen Verarbeitungsverfahrens Tuften (Foto: Alexander Horoschenkoff)

Unterstützung durch Nachwuchswissenschaftler

Unter Leitung von Prof. Dr. Alexander Horoschenkoff arbeiten derzeit 4 Studierende des Studiengangs Master of Applied Research in Engineering Sciences (Forschungsmaster) mit an dem Projekt. Der vor einigen Jahren eingeführte Forschungsmaster ermöglicht es Hochschulen auch an größeren Forschungsprojekten mit längeren Laufzeiten teilzunehmen. Mit Baumustern konnten bereits erste Druckversuche durchgeführt werden. 

Das Projekt Bryson läuft seit Dezember 2019 und ist für eine Dauer von 3,5 Jahren ausgelegt. Das Bundeswirtschaftsministerium fördert das Projekt. Die Leitung des Projekts mit insgesamt 5 Partnern und einer Gesamtfördersumme von über 1,7 Mio. Euro liegt bei der BMW AG. 

Prof. Dr.-Ing. Alexander Horoschenkoff

  • Labor für Polymertechnik - Chemie 
  • Labor für Polymertechnik - Kunststoffprüfung und Verarbeitung 
  • Labor für Polymertechnik - CC "Smart Composites"


Der Bausektor spielt eine entscheidende Rolle auf der Nachhaltigkeitsagenda. Die Verlängerung der Lebensdauer von Windenergieanlagen, Brücken und anderen Bauwerken sowie ressourcenschonendere Konstruktionen sind derzeit die größten Herausforderungen im Bauwesen und Maschinenbau. HM-Forschende entwickeln dazu ein Ingenieurmodell, durch das sich die Haltbarkeit für geschweißte Stahlkonstruktionen besser einschätzen lässt.

München, 15. Juni 2022 – Der ressourcenschonende Stahlbau bringt Lösungen für die drängenden Probleme unserer Zeit. Im Zuge der Energiewende werden zum Beispiel erneuerbaren Energien stark ausgebaut. In Deutschland sind aktuell rund 30.000 Windenergieanlagen im Einsatz. Zentral für ihre Wirtschaftlichkeit: die Haltbarkeit. Stahlkonstruktionen von Windenergieanlagen, Brücken oder großen Maschinen werden unter anderem durch starke Winde oder große Lasten beansprucht. Dies führt zur Werkstoffermüdung und somit zu Rissen und Brüchen an deren Schweißnähten.

Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit im Fokus
Das Forschungsprojekt MOBEKO hat das Ziel, die Lebensdauer von Bauwerken zu verlängern und Konstruktionen ressourcenschonender zu erstellen. Ein HM-Forschungsteam um Prof. Dr. Imke Engelhardt, Leiterin des Labors für Stahl- und Leichtmetallbau, und Richard Schiller vom Institut für Material- und Bauforschung der HM entwickeln einen „Modifizierten Betriebsfestigkeitsnachweis von unbehandelten und HFH-nachbehandelten Schweißkonstruktionen unter Berücksichtigung von Kollektivform, Spannungsverhältnis und Kerbdetail“ (MOBEKO).

Längere Haltbarkeit durch Nachbehandlung
Maßgebend für die Ermüdungsfestigkeit von Stahlbaukonstruktionen sind die Qualität der Schweißnähte und eventuelle Unregelmäßigkeiten der Nahtübergänge. In ausführlichen Versuchsreihen ermitteln die Forschenden die Einflüsse von Nachbehandlungen der Schweißnähte auf die Lebensdauer der Bauteile. Besonders interessant sind die HFH-Verfahren, sogenannte höherfrequente Hämmerverfahren, die händisch angewendet werden. Mit einem Gerät in der Größe eines Bohrers, das einen gehärteten Stift hat und mit einer Frequenz von 150 bis 200 Hz angeregt wird, verformen Arbeiter die Schweißnahtübergänge plastisch. Dies verbessert die Nahtgeometrie und verfestigt die Randschicht und ist dadurch länger haltbar. Weitere Qualitätssicherung ist durch eine visuelle Kontrolle möglich. Engelhardt sagt dazu: „Bislang ist nicht geklärt, wie sich die Wirkung von Nachbehandlungen in einem verlässlichen Betriebsfestigkeitsnachweis rechnerisch ansetzen lässt.“

Bessere Lebensdauerabschätzung am Beispiel Windenergieanlagen
Bei Offshore-Windenergieanlagen kommen zusätzlich zu den Windlasten auf den Rotoren noch Belastungen der gesamten Konstruktion durch Wellen hinzu. Engelhardt erläutert: „Wenn wir mit unseren Forschungen zum Beispiel erreichen können, dass die Wandstärken der Offshore-Gründungsstrukturen von 100 mm auf 80 mm reduziert werden können, dann sparen wir bei jeder Anlage viele Tonnen Stahl ein.“
Das Institut für Material- und Bauforschung (IMB) wurde im Juli 2019 an der Hochschule München gegründet und integriert die Fakultäten Architektur, Bauingenieurwesen und Maschinenbau. Der Fokus liegt dabei auf der langfristigen Erhaltung und nachhaltigen Entwicklung des Bau- und Infrastrukturbestands. Forschungsthemen umfassen unter anderem die Lebensdauer von Materialien, Konstruktionen und Bauwerken, Ressourceneffizienz und Lebenszyklusbetrachtungen sowie Zuverlässigkeit und Sicherheit.
Das Projekt MOBEKO wird gefördert vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz und läuft bis zum 30. September 2022.

Foto: Johanna Weber

Das Team diskutiert regelmäßig die Messdaten und passt den Versuchsaufbau an, um aussagekräftige Daten zur Beanspruchung der Probekörper zu erhalten

Prof. Dr.-Ing. Imke Engelhardt
Stahlbau und Schweißtechnik
Labor für Stahl- und Leichtmetallbau – Bereich Stahlbau und Schweißtechnik

Delegierte im europäischen Normungsausschuss ECCS TC 6 “Fatigue and Fracture” , und den Arbeitsgruppen TC 250/WG 09 “Evolution of EN 1993-1-9 - Fatigue”, CEN/TC 250/WG 10 “Evolution of EN 1993-1-10 - Material toughness and through-thickness properties”

Mitglied der Forschungsvereinigung Schweißen und Verwandte Verfahren e.V. des DVS

Mitglied in der Forschungsvereinigung Stahlanwendung e. V. (FOSTA)

Mitglied im „International Instituts of Welding“ (IIW): Mitglied in Kommission C-XIII und C-XV